Das Mystery Shopping und im Besonderen die Testkäufe können auf eine lange Geschichte zurückblicken. Schon Ende des 19. Jahrhunderts schrieben die zwei Brüder Jules und Edmond in ihren Tagebüchern von einer Angestellten eines Hutladens, die im Laden eines Konkurrenten die Produkte begutachtete, um sich somit Informationen über die Materialien und der Produktion zu beschaffen.
Als eigentliche Erfinder des Testkaufes gelten aber die beiden Amerikaner Mark und Will Bernstein. Sie führten bereits im Jahre 1915 zum ersten Mal solche Testkäufe durch. Als Kunden getarnte Testkäufer sollten die Verkaufsräume, das Erscheinungsbild sowie das Verkaufspersonal aus Kundensicht bewerten. In den 1940er Jahren prägten die Brüder, welche ein eigenes Unternehmen mit dem Namen „Wilmark Service System“ gründeten, die Begrifflichkeit „Mystery Shopping“.
Hierzulande führte in den 1930er Jahren die GfK „Befragungsgespräche“ durch, in denen der Interviewer sich nicht als solcher zu erkennen gab. Das erzeugte zugleich eine ungezwungene Atmosphäre. Diese Form des Interviews wird auch „Nürnberger Methode“ genannt.
In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden Testkäufe – damals noch unter den Bezeichnungen „Einkaufstests“ oder „Kundentests“ – vor allem im Einzelhandel durchgeführt. Dabei entwickelten sich zwei Formen des Testkaufes heraus: die herstellerorientierte und die handelsorientierte Variante.
Die GfK ist das größte deutsche Marktforschungsinstitut. Es wurde 1934 als GfK-Nürnberg Gesellschaft für Konsumforschung e. V. gegründet. Bis heute gehört die Gfk weltweit zu den Top 10 der Marktforschungsinstitute.
In der herstellerorientierten Variante lag der Fokus auf der Überprüfung der Absatzwege, sowie der Darbietung der Ware und der Bewerbung der Produkte.
In der handelsorientierten Variante standen dagegen das Verkaufspersonal in puncto Erscheinung, Fachkenntnisse und Umgangsformen, sowie das Ladenlokal mit den Kriterien der Schaufenstergestaltung oder dem Zustand der Räumlichkeiten im Mittelpunkt der Untersuchung.
Betrachtet man heutige Testkauf-Szenarien, dann sind vor allem die handelsorientierten Verfahren noch in ihren Grundzügen zu erkennen, wogegen die herstellerorientierte Variante keine relevanten Beiträge hervorgebracht hat.
In den 70er Jahren haben sich in den USA, Großbritannien, aber auch in Deutschland oder der Schweiz die sogenannten „Schaltertests“ etabliert. Solche Tests werden auch heute noch regelmäßig in der Finanzmarktbranche durchgeführt und sollen die Beratungs- und Verkaufsgespräche zwischen den Mitarbeitern und den Bankkunden überprüfen. Hierzu werden bei den einfachen Bankgeschäften „beobachtende Schaltertests“ durchgeführt, wogegen bei komplexeren Beratungssituationen ein „Kundenberatungstest“ stattfindet. Insbesondere in den USA entwickelt sich die Methode des Schaltertests stetig weiter. So ist dieser längst nicht mehr nur ein einfaches Beobachtungsinstrument, sondern wird auch zur Diagnose eingesetzt und mit Ziel- und Anreizsystemen kombiniert, um die Leistung der Mitarbeiter zu steigern.
Während die Zeit vor den 1980er Jahren vor allem durch die Definition und Verfeinerung der Testkaufeinsätze geprägt war, standen die folgenden Jahrzehnte für ihre Ausweitung in neue Branchen.
Die 1980er Jahre waren durch einen wachsenden Druck auf die Unternehmer gekennzeichnet, denn der Wettbewerbsmarkt nahm stetig zu, während die Kundenbindung kontinuierlich abnahm. Um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen und den Unternehmenserfolg zu sichern, wurden die Produkt- sowie die Servicequalität zu entscheidenden Unterscheidungskriterien. Nur derjenige, der eine höhere Qualität aufweisen kann, kann sich auch gegen seine Mitbewerber durchsetzen.
Immer mehr Branchen kamen zu dieser Erkenntnis. Testkäufe wurden als Instrument für die Qualitätsmessung immer beliebter. Erstmalig fanden auch Tests statt, die bestimmte Verhaltensstandards, welche zuvor aus Kundenzufriedenheitsanalysen gewonnen wurden, auf ihre Einhaltung überprüften. Diese Tests wurden vorrangig in der Finanzbranche in den USA durchgeführt, wodurch sich das Mystery Shopping auch zu einem Prognoseinstrument entwickelte.
Ein solches Monitoring wird heutzutage mit verschiedenen Mystery-Methoden umgesetzt. Beliebt sind besonders Mystery Calls, um die Einhaltung von Gesprächsleitfäden zu überprüfen.
Einen regelrechten Durchbruch erfuhren die Testkäufe dann in den 1990er Jahren. Neben der Finanz- und Versicherungsbranche wurden nun im Freizeit- und Tourismussektor (z.B. Reisebüros, Freizeitparks), in der Transport- und Versorgungsindustrie (z.B. Tankstellen oder Autohändler), sowie im Einzelhandel und sogar in den Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung unterschiedliche Mystery Shopping-Einsätze durchgeführt. Ebenso nahm die Einsatzhäufigkeit immer weiter zu. So wurde zum Beispiel in den USA jeder Bankangestellte der Bank One in Denver mindestens einmal im Jahr getestet.
In den 2000er Jahren dehnten sich die Einsatzgebiete des Mystery Shoppings mit der Weiterentwicklung der Technologie und des Internets auch in den Bereich der Kommunikation aus. Zum ersten Mal wurden nun vermehrt Mystery Calls (Testanrufe) oder Mystery E-Mails durchgeführt, um die Kommunikation mit dem Kunden über mehrere Kommunikationskanäle zu testen. Der Einzug des Internets ermöglichte zudem schnellere Auswertungs- und Abwicklungsmöglichkeiten der Testkäufe, was wiederum die Methode weiter etablierte. Ebenso umfasst das Mystery Shopping nun zusätzliche Unternehmensbereiche, wodurch das Testverfahren auch auf Mitarbeiter im „Backoffice“ ausgedehnt werden konnte.
Jetzt und in Zukunft werden die Testkäufe zum Überprüfen der Dienstleistungsqualität nicht mehr wegzudenken sein. Vor allem Unternehmen, die weniger von dem Preis, sondern vielmehr über ihre Kundenbeziehungen profitieren, sind auf qualitätssichernde Maßnahmen angewiesen.
Quellen
Grieger, G. (2008). Die Ergebnisqualität von Testkunden aus unterschiedlichen soziodemografischen Gruppen beim Mystery Shopping. Dissertation: Flensburg.
Wenig, A. (2010). Kunden geben Auskunft: Öffentliche Bibliotheken im Blick von Mystery Shoppern. Dissertation: Berlin.